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Studienbeihilfe neu: was bringt sie Studierenden und wo greift sie zu kurz?

Anna Raith
Anna Raith
3. Juni 2022

Ende Mai wurde die Novelle des Studienfördergesetzes im Nationalrat beschlossen. Das bedeutet für Studierende, die Beihilfe beziehen, eine Anhebung der Fördersätze weitere Änderungen bei der Berechnungsweise und im Bezugsalter. Die Reform war dringend notwendig, da die Bezugshöhen und Einkommensgrenzen der Eltern von Bezieher:innen der Studienbeihilfe seit 2017 nicht mehr angepasst wurden. Das Momentum-Institut hat errechnet, dass der Kaufkraftverlust der Studienbeihilfe seit 2017 20% betrag. Diesem Faktum musste entgegen gewirkt werden. Denn die Teuerung, die alle Menschen im Land betriff, trifft Studienbeihilfebezieher:innen aus einkommensschwachen Haushalten besonders.

Was bringt diese Novelle den Studierenden und wo greift sie zu kurz?

Die Studienbeihilfensätze und Einkommensgrenzen werden durch die Novelle um 8,5 % – 12 % angehoben. Diese Anhebung der Studienbeihilfe war nach mehreren Jahren der fortschreitenden Teuerung dringend notwendig. Jedoch wird dadurch die Entwicklung der Inflationsrate seit der letzten Anhebung 2017 nicht ausgeglichen. Viele Studierende sind seit den letzten Monaten mit großen Mehrausgaben konfrontiert, die durch diese Anhebung nicht zur Gänze abgedeckt werden. Somit gibt es keine substantielle Verbesserung der Lage der Studienbeihilfebezieher:innen. Wie bei vielen anderen Sozialleistungen, ist es notwendig die Studienbeihilfe regelmäßig an die Inflation anzupassen.

Zudem werden im Gesetzesentwurf die Beträge für über 24-Jährige und für Selbsterhalter:innen deutlich geringer angepasst werden als für anderen Studierendengruppen. Aus der Praxis ist aber bekannt, dass besonders ältere Studierende und Selbsterhalter:innen aufgrund ihrer Lebensrealität größere finanzielle Schwierigkeiten haben. Daher wäre es notwendig gewesen, die Beträge für diese Gruppe gleichwertig zu den weiteren Studierenden anzuheben.

Die Novelle sieht außerdem keine Erweiterung der Toleranzsemester vor. Das bedeutet für viele Studierende ein Problem. Denn die Erfahrung zeigt, dass ein Abschluss in der Toleranzstudiendauer an Universitäten vielfach nicht die Realität ist. Wird das Studium infolge von Erwerbsarbeit verzögert oder gar ganz abgebrochen, geht in weiterer Folge meist auch der Anspruch auf einen Beihilfenbezug beim Masterstudium verloren, weil die gesamtzulässige Studiendauer überschritten wird. Daher wäre es ebenso notwendig gewesen, die Anzahl der Toleranzsemester anzuheben.

In der Gesetzesänderung fehlt zudem eine Anhebung der Freibeträge. Diese sind seit 2013 unverändert. Familien von Arbeitnehmer:innen haben beim Einkommen nach wie vor weniger
Gestaltungsmöglichkeiten als etwa LandwirtInnen oder Selbstständige. Für diese Gruppe sind die Freibeträge besonders relevant. Es bedarf daher einer Inflationsanpassung und regelmäßiger Valorisierung dieser Freibeträge, um Arbeitnehmer:innen nicht weiter zu benachteiligen.

Positiv ist die Anhebung der Altersgrenzen für den Bezug von Studienbeihilfe um drei Jahre angehoben. Eine Studienbeihilfe kann nun bis zum Alter von 33 Jahren beantragt werden. Selbsterhalter:innen, Studierende mit Kind, Studierende mit Behinderungen oder im Master-Studium können eine Beihilfe bis 38 Jahre beantragen. Diese Änderung bringt vor allem Verbesserungen für junge Menschen, die erst später ein Studium auf den zweiten Bildungsweg beginnen. Positiv ist auch, dass nun nach einer längeren Erwerbstätigkeitsphase Vorstudienzeiten – also zum Beispiel eine kurzfristige Einschreibung an einer Hochschule ohne Studienabschluss – nicht mehr berücksichtigt werden und somit Studierende auch bei einem neuerlichen Studienbeginn unverzüglich ein Selbsterhalter:innenstipendium beziehen.

Wieso braucht es eine höhere Studienbeihilfe?

Studierende mit Eltern ohne Matura und jene, die auf dem zweiten Bildungsweg in ein Studium einsteigen, sind besonders von dem Bezug der Studienförderung abhängig. Diesen jungen Menschen bietet die Studienförderung die Möglichkeit, eine Hochschule zu besuchen und ein Studium abzuschließen. Sie leistet daher einen zentralen Beitrag zur sozialen Durchlässigkeit im Bildungssystem. Damit die Studienbeihilfe nicht an Effektivität verliert, soll sie regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst werden.

Die Neuerung der Studienbeihilfe war angesichts der starken Teuerungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie notwendig. Jedoch soll diese Novelle nicht der letzte Schritt sein. Es bedarf einer Studienbeihilfe, die existenzsichernd ist. Hinzu kommt: der Staat schreibt mit der Studienbeihilfe schwarze Zahlen. Die damit verbundenen Ausgaben holt er sich nämlich über die höheren Steuereinnahmen, die Akademiker:innen aufgrund ihres höheren Einkommens zahlen, wieder zurück.

Anna Raith
Anna Raith

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