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Soziale Dimension an Hochschulen

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Anna Raith
1. April 2022

Die Strategie zur Sozialen Dimension ist ein zentrales Ziel des europäischen Hochschulraumes und zielt darauf ab, den Zugang zu Hochschulbildung von unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Ziele sind unter anderem: die Zusammensetzung der Studierenden an die soziodemografische Zusammensetzung der Bevölkerung heranzuführen; die Anzahl and nicht-traditionellen StudienanfägerInnen zu erhöhen; und berufsermöglichende Studienangebote auszubauen. Diese Ziele sind zwar teilweise in den Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten verankert, eine Rundschau des Bildungsministeriums zeigt jedoch: längst nicht alle Hochschulen haben eine gesamthafte Strategie zu sozialen Dimension implementiert.

Soziale Herkunft ist noch immer zentraler Faktor

Die soziale Herkunft der Eltern wird in der österreichischen Bildungsforschung regelmäßig als der zentrale Faktor für die Bildungslaufbahn der Kinder genannt. Der damit verbundene Stehsatz “Bildung wird in Österreich vererbt“, prägt die Bildungslandschaft hierzulande schon lange. Mit jeder weiteren Sprosse der Bildungsleiter vergrößert sich die Schere zwischen Kindern aus AkademikerInnenhaushalten und Nicht- AkademikerInnenhaushalten. Auf der höchsten Sprosse, der Hochschule variiert die soziale Zusammensetzung jedoch nach Hochschultyp und Studium deutlich. An Fachhochschulen – insbesondere in berufsbegleitenden Studiengängen – ist die Wahrscheinlichkeit als Kind von Eltern ohne Matura zu studieren höher als an Universitäten. 

Gemessen wird dies anhand der „Rekrutierungsquote“, ein sperriges Wort, das einfach formuliert die Wahrscheinlichkeit angibt, mit welcher Kinder von Eltern mit oder ohne Matura ein Hochschulstudium beginnen. 2015 war die Wahrscheinlichkeit für Kinder von Eltern mit Matura zu studieren 2,38-mal höher als jene für Kinder von Eltern ohne Matura. Fünf Jahre nach Einführung der Strategie zur sozialen Dimension steht die soziodemografische Diversität an Hochschulen sogar schlechter da als im Studienjahr 2015/16. Die Hochschulen sind vom festgeschriebenen Ziel eine Rekrutierungsquote von 2,10 bis 2025 zu erreichen weit entfernt. Im Fachhochschulbereich stagniert die Rekrutierungsquote seit 2015 auf einem niedrigen Wert.

Fokus auf nicht-traditionelle Studierende

Ein weiteres Ziel der Strategie ist die Anzahl der StudienanfängerInnen mit nicht-traditionellen Hochschulzugang – also jene Studierende, die über eine Alternative zur Matura, wie der Berufsreifeprüfung oder der Studienberechtigungsprüfung zu Studieren beginnen – bis 2025 auf insgesamt 5300 Personen zu erhöhen. Auch bei dieser Kennzahl werden große Unterschiede zwischen den verschiedenen Hochschultypen sichtbar: Während im Wintersemester 19/20 22% der StudienanfängerInnen an berufsbegleitenden Fachhochschulstudien einen nicht-traditionellen Zugang vorweisen, sind es an den Universitäten nur 5,6%. Verbesserungstrend ist in diesem Bereich leider auch keiner zu verzeichnen: Die Anzahl der StudienanfängerInnen mit nicht-traditionellen Hochschulzugang ist von 2015 auf 2019 um 3% zurückgegangen.

Viele dieser Studierenden arbeiten während des Studiums. Insgesamt sind laut Studieren-Sozialerhebung etwa zwei Drittel aller Studierenden erwerbstätig. Und je mehr Stunden gearbeitet werden, desto schwieriger ist auch die Vereinbarkeit von Job und Studium. Um eine Berufstätigkeit während des Studiums besser zu ermöglichen, zielt die Strategie zur sozialen Dimension darauf ab, die Anzahl der berufsbegleitenden an Fachhochschulen auf 50% zu erhöhen. Doch auch in diesem Bereich sind wir heute leider noch weit vom Ziel entfernt: aus einer Anfragenbeantwortung des Bildungsministeriums geht hervor, dass der Anteil der berufsbegleitenden bzw. berufsermöglichenden Studienplätze 2020/21 bei etwa 40% liegt.

Was kann getan werden, um die Strategie zur sozialen Dimension umzusetzen?

Selbst ohne die Folgen der jüngsten UG-Novelle und der Corona-Pandemie auf die soziale Zusammensetzung der Studierenden und die Diversität an Hochschulen in Österreich zu kennen: Klar ist jetzt schon, dass trotz der 2017 eingeführten Strategie zur sozialen Dimension sich in diesem Bereich in den letzten Jahren wenig getan hat.

Damit die soziale Dimension und die damit verbundene Chancengerechtigkeit für Studierende kein vergessenes Versprechen bleibt, müssen von Bildungsministerium und Hochschulen spezifische Maßnahmen gesetzt werden, um die Diversität zu steigern. Vorschläge, wie das funktionieren kann, liegen vor:

  • Ausbau des Stipendiensystem mit regelmäßiger Inflationsanpassung und gezielte Förderung von nicht-traditionellen Studierenden
  • Fördermaßnahmen zur Steigerung des Anteils an Studierenden mit nicht-traditionellen Studierenden
  • Anpassung des Studienangebots (vor allem an Universitäten) an die Realität von berufstätigen Studierenden und Ausweitung der berufsbegleitenden Studienplätze
  • Sensibilisierung des Lehrpersonals für Herausforderungen von „first generation students“

Um keine Talente und Potentiale von jungen Menschen zu verlieren, müssen diese Maßnahmen genauso zielstrebig verfolgt werden, wie jene, die in der UG-Novelle verankert wurden. Nur so kommen wir dem Ziel einer sozial gerechten Hochschule und Gesellschaft näher. 

 

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