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SelbsterhalterInnen-Stipendium – Altersgrenze als Hürde, besonders für Frauen

Heike Angerer
Heike Angerer
29. März 2021

SelbsterhalterInnenstipendien sollen jenen Personen einen späteren Studieneinstieg finanziell ermöglichen, die davor bereits mindestens vier Jahre lang gearbeitet haben. Denn gerade diese Personengruppe hatte oftmals aufgrund ihres sozioökonomischen Hintergrunds bzw. strukturell bedingter Barrieren nicht die Chance, ein Studium zu beginnen.

Dass Frauen hier besonders betroffen sind, zeigt uns die Beratungspraxis. In unserer Bildungsberatungs-Hotline erreichen uns immer wieder Anfragen von Frauen, die beispielsweise die Berufsreifeprüfung neben Betreuungspflichten und Erwerbsarbeit nachgeholt haben und jetzt eine tertiäre Ausbildung anstreben.

Warum Frauen oft erst später Studien beginnen können, ist dem leidigen Umstand geschuldet, dass nach wie vor der Großteil der Sorgearbeit weiblich ist. Das wirkt sich selbstverständlich auch auf Bildungswege und Einkommen aus: 39,2% der Frauen in Österreich in Teilzeit kümmern sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige. Bei Männern sind es nur 6,2%. Studie: Frauen tragen in der Corona-Krise oft die Hauptlast | Moment.

Durch Corona hat sich diese Situation noch einmal verschärft. Frauen waren schon davor unter massivem Druck und tragen jetzt mit Sicherheit die Hauptlast der Krise.

Um eine geschlechtergerechte Gesellschaft nachhaltig zu etablieren, braucht es zielgerichtete Initiativen wie Qualifizierungspakete, arbeitsmarktpolitische Förderungen usw. Und es müssen Frauen reale Chancen eingeräumt werden, sich weiterzubilden und zwar auf allen Bildungsniveaus.

Und genau hier liegt die Crux: die Altersgrenze des SelbsterhalterInnen-Stipendiums liegt aktuell bei 35 Jahren. Das ist eine große Bildungshürde und betrifft ganz besonders Frauen. Es wäre nur gerecht, diese auf zumindest 40 Jahre anzuheben.

Diese Altersgrenze ist – trotz Erhöhung des Pensionsantrittsalters und der Bedeutung von lebenslangem Lernen – seit Langem unverändert und entspricht nicht den Lebensrealitäten vieler ArbeitnehmerInnen. Und vor allem nicht den Lebensrealitäten von Frauen. Da Frauen nach wie vor die Hauptlast der Sorgearbeit tragen, müssen auch die Voraussetzungen für einen späteren Einstieg in einen zweiten Bildungsweg dementsprechend angepasst werden. 

Mittlerweile gibt es zudem einige Bachelorstudien, die nach drei Jahren eine gute berufliche Perspektive bieten. Bei einem Abschluss mit z. B. 42 Jahren wäre immerhin noch mit rund 20 Jahren Berufstätigkeit zu rechnen.

Auch der finanzielle Aufwand für diese – in der Regel hoch motivierte – Studierendengruppe ist überschaubar: Die Mehrkosten einer Erhöhung der Altersgrenze auf 40 Jahre für rund 100 Studierende pro Jahr werden auf rund 18 Mio. Euro geschätzt.

Vor allem wäre es ein wichtiger Beitrag in Richtung Chancengleichheit für Frauen.

Heike Angerer
Heike Angerer
Mag.a Heike Angerer; Bildungsberaterin in der Abteilung für Lehrausbildung und Bildungspolitik, AK Wien

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